Der Eisenhammer von Schellnhausen

Der Eisenhammer von Schellnhausen

In stil­ler Abge­le­gen­heit liegt nord­öst­lich von Ermen­rod im alten Kreis Als­feld, dort, wo die Bun­des­stra­ße 49 die Fel­da über­quert, ein klei­ner Wei­ler, Schell­nhau­sen. Lan­ge Jahr­hun­der­te hin­durch stand an die­ser Stel­le eine bekann­te Wald­schmie­de, deren lau­te Eisen­häm­mer mit der Was­ser­kraft des Ham­mer­gra­bens ange­trie­ben wur­den. Der etwas selt­sa­me Name „Zum Vul­kan“ der Gast­wirt­schaft des Wei­lers erin­nert noch an die ver­schwun­de­ne Schmie­de. Den meis­ten Gäs­ten aller­dings mag er aller­dings unver­ständ­lich erschei­nen.
Inter­es­sant ist aber auch der Ein­fluss, den der Schell­nhäu­ser Eisen­ham­mer auf ein bekann­tes Werk der eisen­schaf­fen­den und ‑ver­ar­bei­ten­den Indus­trie unse­rer Zeit hat­te, auf Bude­rus.

Im Sal­buch lesen wir: „Schel­men­hau­sen ist eine Wüs­tung, ohne alle Mit­tel in das Gericht Fel­da gehö­rig…“ Land­graf Phil­ipp von Hes­sen gab die­se Wüs­tung am 17. Juni 1524 dem Peter Bücking zum Erb­le­hen, der nun auf sei­nem Lehen eine Wald­schmie­de zu errich­ten begann. 1592, als die recht­li­chen und wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se im Gericht Fel­da auf­ge­stellt wur­den, erscheint schon „Urban, der „Wald­schmied“ in den Schell­nhäu­ser Ver­zeich­nis­sen: Er gibt 7 fl von der Wald­schmie­de. Erwei­tert und zu gro­ßer Bedeu­tung geführt wird der Betrieb aber erst, als er 1609 in den Besitz des Land­gra­fen Ernst Lud­wig über­geht. Der Lan­des­herr holt Wal­de­cker Hüt­ten­leu­te her­bei und baut gleich zwei Hoch­öfen. In der Fol­ge arbei­ten aber auch wal­lo­ni­sche Eisen­schmel­zer in Schell­nhau­sen.
Anto­ni­us Zel­ler, ein Hüt­ten­fach­mann aus dem Fran­ken­land, war es, der die Hüt­te in den Jah­ren vor dem Drei­ßig­jäh­ri­gen Krie­ge zu einer Berühmt­heit mach­te: Er stell­te hier nach eige­nem Ver­fah­ren Zement­stahl her, das ist Stahl, der durch mehr­tä­gi­ges Glü­hen unter einer Holz­koh­len­schicht mit 0,9 bis 1,5 Pro­zent Koh­len­stoff ange­rei­chert wur­de. In die­ser Zeit wur­de in Schell­nhau­sen viel expe­ri­men­tiert.

Der unse­li­ge Drei­ßig­jäh­ri­ge Krieg ging nicht spur­los an der Eisen­hüt­te vor­über. Wäh­rend die Hüt­te in den ers­ten Jah­ren des Krie­ges noch in Betrieb war, scheint sie etwa um das Jahr 1630 still­ge­legt wor­den zu sein. Im wei­te­ren Ver­lauf des Krie­ges zer­stör­ten durch­zie­hen­de Trup­pen die Hoch­öfen und das Ham­mer­werk gründ­lich. Erst lan­ge Zeit nach dem Frie­dens­schluss begann der Neu­auf­bau der Hüt­te, es war im Jah­re 1670. Aller­dings wur­de nun auf Errich­tung eines Hoch­ofens ver­zich­tet, und der Eisen­ham­mer bezog fort­an sein Roh­ma­te­ri­al, das Eisen, von aus­wärts.

Bis zum Jah­res 1779 betrieb das Land Hes­sen den Schell­nhäu­ser Ham­mer. In die­sem Jah­re pach­te­te Johann Wil­helm Bude­rus von der Fried­richs­hüt­te bei Lau­bach den Betrieb. Für Bude­rus war die­ser Pacht­ver­trag sehr wich­tig, war doch der Eisen­ver­kauf bis­lang ein staat­li­ches Mono­pol; mit die­sem Ver­trag jedoch ging das Mono­pol für die Ämter Grün­berg, Schot­ten, Ulrich­stein, Burg-Gemün­den und Gre­benau an den Päch­ter des Ham­mer­wer­kes zu Schell­nhau­sen über. Über­dies war mit der Pach­tung das Recht ver­bun­den, in allen genann­ten Ämtern nach Erz zu schür­fen, ein Umstand, der für die Ent­wick­lung eines Hoch­ofen­be­trie­bes von aus­schlag­ge­ben­der Bedeu­tung ist.

Die Fir­ma Bude­rus kauf­te 1824 das Schell­nhäu­ser Werk. Noch eini­ge Jahr­zehn­te war es in Betrieb, doch sank sei­ne Bedeu­tung von Jahr zu Jahr. End­lich stell­te 1872 die Fir­ma die Eisen­ver­ar­bei­tung in Schell­nhau­sen ganz ein. Die ungüns­ti­ge Ver­kehrs­la­ge mag der Grund hier­zu gewe­sen sein.

Der Schell­nhäu­ser Ham­mer erzeug­te, soweit wir infor­miert sind, kei­ne Waf­fen und der­glei­chen, wenigs­tens nicht in nen­nens­wer­tem Umfang. Sei­ne hohe Zeit hat­te er kurz vor dem Drei­ßig­jäh­ri­gen Krieg, als der Stahl­ma­cher Zel­ler hier sei­nen Zement­stahl her­stell­te. Im All­ge­mei­nen wur­de das Eisen zu länd­li­chen Gebrauchs­ge­gen­stän­den und Arbeits­ge­rä­ten ver­ar­bei­tet, zu Sen­sen und Sicheln, Pflug­scha­ren, Rad­be­schlä­gen, Ham­mer­köp­fen usw. Auch die Nagel­schmie­de, im obe­ren Felda­tal waren sie einst zu Hau­se wie anders­wo die Rechen- und Schin­del­ma­cher, dürf­ten das Roh­ma­te­ri­al – lan­ge, dün­ne Eisen­stä­be – von Schell­nhau­sen bezo­gen haben.

Heu­te frei­lich ist das Dröh­nen und Klop­fen der Eisen­häm­mer im Tale der Fel­da ver­klun­gen. Nur Schla­cken­hau­fen erin­nern an die Wald­schmie­de sowie man­che Flur­na­men – Koh­le­i­chen, Vul­kan, Gebrann­ter Kopf -, und die vagen Wor­te der münd­li­chen Über­lie­fe­rung erzäh­len immer noch vom einst­mals weit bekann­ten „Schell­nhäu­ser Hammer“.