Heirat – ein schwierig Unterfangen – 1823
Ob Vorschriften zum Heiraten heute noch so umfangreich sind wie in alter Zeit, ob Eheverträge heute denen von damals entsprechen mag jeder selbst beurteilen. Wir bringen Ihnen hier jedenfalls Beispiele aus den Archiven.
Regierungsverfügung betreffend Heiraten
An die H. Bürgermeister des Landrathsbezirkes Romrod
Durch hohe Regierungsverfügung vom 12ten v. M. ist verfügt worden, daß diejenigen, welche dahier um Heuraths von hause nachsuchen, vorher erst confirmierte Eheparten, Infentarien vorzeigen u. beibringen.
Es ist daher in den Gemeinden bekannt zu machen, daß daß ehe Heuraths von hause ertheilt werden, folgendes beigebracht werden müsse.
1. Alterschein des nachsuchenden Burschen, mit Attetation daß derselbe mit seiner Braut nicht verwandt ist.
2. Attest des Bürgermeisters, in welchem enthalten seyen muß
a) daß beiderseitige Vermögen, jedes getrennt
b) daß der Bursche nicht beim Militair stehe, auch, daß er sich dem selben nicht entzogen, nicht ausgetreten oder dessertiert ist.
c) daß er ins Bürgerregister eingeschrieben ist,
d) daß dem Bürgermeister überhaupt kein der Verheurathung beider Verlobten entgegenstehendes gesetzliches hinderniß bekannt sey
3. Wenn die Braut eine Wittwe ist, der Todesschein ihres Mannes
4. in beiden fällen, wenn Bräutigam oder Braut im Wittwenstand leben, gerichtlich bestätigtes Inventarium
5. confirmierten Eheparten auf Seiten des Bräutigams, sowohl als der Braut
6. Wenn Braut oder Bräutigam aus einem Standes, oder Patrimonialgerichtsort des Grosherzogthums gebürtigt sind, Abzugsschein der Standes oder Patrimonialgerichtsherschaft.
Es versteht sich von selbst, daß wenn der Bräutigam noch nicht altgenug, oder mit Braut verwandt- oder bei Wittwen und Wittwer die Trauerzeit noch nicht abgelaufen ist, in jedem Fall vorher, ehe der Heurathskonsens nachgesucht wird auch vor Confirmation der Eheparten die erforderliche Dispensation ausgebracht werden müsse die Gesuche nur der gleichen dispensationen müssen dahier angebracht und von hier mit Bericht eingesendet werden und es müssen dazu die erforderliche Pfarrextracte und Vermögensbescheinigungen der um dispensation nachsuchenden beigebracht werden.
hinsichtlich der Zunftreceptionen wird zum überflus noch bemerkt, daß die dessfaltigen Supplicanten beibringen müssen.
a. daß und an welchem Orts sie als Ortsbürger eingezeichnet sind und wie viel Vermögen sie besitzen.
b. Zunft Attest, daß sie das Handwerk zünftig erlernt abgewandert haben oder nicht und daß die Zunft in ihre Aufnahme willigt.
Da die höchste Absicht dahin geht, daß die unterthanen in Heurathsangelegenheiten möglichst befordert werden solle, bisher aber dadurch, daß die Suplicanten entwetter nicht alle Attestate hatten, oder besonders diejenigen der H. Bürgermeister und Zunft Vorsteher sehr mangelhaft ausgestelt waren, längere aufenthalt und vergebliche Gänge verursacht wurden, so haben die H. Bürgermeister bekant zu machen, daß sich jeder, welcher um Heuraths konsens nachsucht vor erst bei dem Bürgermeister zu melden haben, welche sie darüber, welche Attestate sie nach verschiedenheit der Fälle bedürfen, belehren, ihre dasjenige, was der Bürgermeister attestieren mus wen sie keinen Anstand finden, vollständig bescheinigen und erst dan die Suplicanten hier her verweisen müssen.
Wegen jedes künftig nicht nach obigen Vorschriften verfaste Bürgermeister attestat.
Weil dadurch den Leuten unnöthige Gänge gemacht werden 1 fl 30 Kr. Strafe angesetzt.
Ausländer welche sich in Großherzogthum nieder lassen wollen, müssen tauf u. Vermögenschein, beides von betrefenden Administraters Beamten beglaubigt so dan Gemeinderathsprotocolle, das Suplicant als Ortsbürger angenommen werden solle oder nicht und erstenfalls auf dimistorialien ihrer Landes Herschaft beibringen und dan erst um ertheilung des Pedigenats nachsuchen
Romrod am 25ten September 1823
Der Landrath
follenius
Ehevertrag – 1849
Ehevertrag zwischen Heinrich Steuernagel zu Felda, Sohn des verstorbenen Ortsbürgers Georg Steuernagel von da, und dessen noch lebende Ehefrau Elisabetha geborene Neeb, daselbst
und
Katharina Dietz zu Felda, Tochter des Ortsbürgers Martin Dietz von da und dessen Ehefrau Katharina, geborene Völzing, daselbst
§ 1.
Die vorgenannten Personen wollen sich zur Ehe nehmen, und diese demnächst kirchlich bestätigen lassen.
§ 2.
dieselben lassen sich in Felda nieder, wo sie sich ein Haus gemeinschaftlich erkauft haben.
§ 3.
der Bräutigam wendet in die Ehe:
1) 200 fl schreibe Zweihundert Gulden baares Geld und
2) Standesgemäße Kleidung.
§ 4.
die Braut dagegen inseriert:
1) 450 fl Vierhundertfünfzig Gulden an Geld 2) Vier und zwanzig Hemden, 6 Säcke, 2 Klengtücher, 40 Ellen Flächsentuch, einen Kleiderschrank, einen Kleiderkasten ein Schlafbett mit gehöriger Bedeckung, 30 Kloben gebresten Flachs und standesgemäße Kleidung
sämtliche Mobiliargegenstände veranschlagt zu Einhundert zehn fünf Gulden.
§ 5. Auf den kinderlosen Sterbfall ist verabredet worden, daß wenn vor sechs Jahren vom Tage der Copulation an, eines von beiden Theilen sterben sollte, der überlebende Theil zwei Drittheil von vorgenanntem Geldvermögen an die nächsten Erben des verstorbenen Ehegatten zurückbezahlen muß, und soll nach Verlauf dieser sechs Jahren aber der überlebende Theil der alleinige und ausschließliche Erbe werden
So geschehen, Felda am 31. Juli 1849
Vorgelesen und von den Intensenten
unterschrieben
Heinrich Steuernagel
Martin Dietz
Catharina Dietz
Elisabetha Steuernagel
Vorstehende Unterschriften beglaubigt Felda am 10. August 1849
der bürgermeister
LS Schüßler
Vorstehender Ehevertrag wird hiermit richterlich bestätigt, mit dem Bemerken, daß dem Vollzug der Ehe kein hierorts bekanntes privatrechtliches Hinderniß im Wege stehe.
Ulrichstein, den 14. August 1849
dem Bräutigam ges.
Gr. Heß. Landgericht am 16. August 1849
LS NN.
Amend (Großh. R.)
Stempel zu 2 G. ist verschrieben beigeheftet (Unterschrift)
Ehevertrag – 1857
Ehevertrag zwischen Konrad Pfeil von Ehringshausen, Ortsbürger zu Zeilbach, Sohn der Konrad Pfeils Eheleute
und
Katharina Faust von Zeilbach, Tochter der Martin Faust’s Eeheleute von da.
§ 1.
Es wollen sich beide Verlobte zur Ehe nehmen und dieselbe demnächst durch kirchliche Trauung vollziehen lassen.
§ 2.
Ihren Wonsitz nehmen die jungen Eheleute in Zeilbach im Hause der Mutter der Braut.
§ 3.
Die Braut wendet in diese Ehe ein:
a.) An Brautgabe, welche ihr ihre Mutter mitzugeben verspricht:
1. zwanzig Gebund rohen Flachs,
2. fünf Kloben gehrechten Flachs,
3. ein Klengtuch,
4. Bett und Kleidung nach Standes Gebrauch
b.) An sonstigem eigenen Vermögen: 500 fl. schreibe fünfhundert Gulden
§ 4
Der Bräutigam wendet dagegen ein:
a.) an Vermögen, welches ihm seine Mutter mitzugeben verspricht.
Zwei Kleiderkasten, zwei Klengtücher, zehn Stück Säcke, vollständiges Bett und Kleidung nach Stadesgebrauch;
b.) an sonstigem eigenem Vermögen: 1900 fl. Schreibe eintausend neunhundert Gulden.
§ 5
Sollte die Ehe durch den Tod aufgelöscht werden, ohne dass Kinder aus derselben vorhanden sind, so ist verabredet:
a.) wenn der jetzige Bräutigam vor der Braut verstirbt, so soll die Braut resp. künftige Ehefrau der einzige, alleinige Erbe des Bräutigams seyen.
b.) wenn die jetzige Braut vor dem Bräutigam kinderlos verstirbt, so soll der Bräutigam resp. künftige Ehemann der alleinige Erbe der Braut seyen.
§ 6 Die beiderseitigen Eltern verzichten auf den ihnen zustehenden Pflichttheil.
Dieses alles zu wahren haben wir diese Ehevertrag gehörig ausfertigen lassen, nach vorherigem gehörigen Verlesen, eigenhändig unterschrieben und Großherzogliches Landgericht Ulrichstein um dessen richterliche Bestätigung geziemend ersucht.
So geschehen Zeilbach am 16n/n November 1856.
Maria Cateria Faust
Catarina Pfeil
Konrad Pfeil
Katharina Faust
Vorstehende vier Unterschriften beglaubigt
Großherzogliches Ortsgericht Zeilbach
LS Momberger
Wird mit dem Anfügen richterlich bestätigt, daß der Verehelichung bezüglich der Braut ein hierorts bekanntes privatrechtliches Hindernis nicht im Wege steht.
Ulrichstein am 25n/n Juli 1857
Großherzogliches Landgericht Ulrichstein LS Unterschrift
Auch auf Seiten des Bräutigams wird die gerichtliche Bestätigung mit dem Anfügen ertheilt, daß dem Ehevollzuge ein Hierorts bekanntes Privatrechts Hinderniß nicht im Wege steht.
Homberg am 14ten August 1857.
Großherzogliches Landgericht Homberg
Aus Verhinderung des Landrichters
Pfannenmüller LS Landgerichtsassessor
Kirchenbuße vor über 300 Jahren – 1660
Auf Palmsonntag 1660 hat zu Felda öffentlich Kirchenbuße getan die Tochter Elisabeth des Johannes Maier wegen begangener Unzucht und Hurerei und weil sie schwanger gewesen. Hat angegeben Johannes Müller den Jüngeren, welcher aber stark geleugnet. Sind zur fürstl. Kanzlei gewiesen worden. Als aber Johannes Müller auf vielfältiges Zureden nichts hat wollen gestehen, hat ihn die fürstl. Kanzlei ledig erkannt.
(Die Familiennamen sind erfunden, damit niemand gekränkt sein kann.)