Zahlen, Daten, Fakten

Feldatal – Der Vogelsberg

Will man die Namens­ge­bung Vogels­berg ergrün­den, so muss man sich erst ein­mal dar­über klar wer­den, wel­chen Vogels­berg man über­haupt meint, denn es gibt ihn zwei­mal: Ein­mal als ein­zel­nen Berg, 598 m hoch, im Gemein­de­ge­biet Felda­tal, genau­er gesagt in der Gemar­kung Köd­din­gen, zum ande­ren als gan­zes Gebir­ge mit dem Tauf­stein und sei­nen 773 Metern als höchs­te Erhebung.

Die Felda­ta­ler behaup­ten natür­lich, ihr Berg sei das Ori­gi­nal, doch davon wol­len die ande­ren Bewoh­ner im Gebir­ge nichts wis­sen – und so hat man, wie bei allem, was in dem Gebiet als unklar erkannt wur­de, den Teu­fel zu Hil­fe genom­men, denn:

Als der Teu­fel wie­der ein­mal auf der Welt sein Unwe­sen trieb und unwahr­schein­lich vie­le Dumm­hei­ten anstell­te, zitier­te Gott ihn ärger­lich zu sich. Dort oben benahm er sich aber auch so schänd­lich, dass man ihn sofort wie­der hin­aus­warf. Er fiel lan­ge und tief, lan­de­te aber weich auf dem Stroh­dach einer Schmie­de in Her­chen­hain und begann sofort wie­der mit sei­nem bos­haf­ten Trei­ben. Gie­rig war er auf den Schmied und des­sen See­le und ver­sprach viel Geld und Gold dafür.

Da die Her­chen­hai­ner nicht zu den reichs­ten Leu­ten gehör­ten, lieb­äu­gel­te der Schmied sehr mit dem Gold, woll­te aber den­noch sei­ne See­le behal­ten. Er han­del­te drei Jah­re Auf­schub aus; der Teu­fel sol­le die See­le bekom­men, wenn er dann drei Fra­gen rich­tig beant­wor­ten könne.

Die Zeit ver­ging schnell, der bewuss­te Tag kam näher und näher. Der Schmied war am ver­zwei­feln, traf aber zu sei­nem Glück ein altes Kräu­ter­weib­chen, das ihm Rat und Fra­gen gab.

Eigent­lich waren es ein­fa­che Fra­gen, die der Schmied dem Teu­fel stell­te, eine davon, aus wel­chem Mate­ri­al das Zieh­seil am Brun­nen bestehe. Der Teu­fel mein­te, es sei aus Hanf, doch der Schmied bewies ihm, dass es ein Draht­seil war; mit Hanf hat­te er es nur umwi­ckelt. Er frag­te ihn auch nach dem Namen eines gro­ßen Vogels, doch der Teu­fel wuss­te auch ihn nicht, und so ver­schwand der zor­nig flu­chend mit sagen­haf­tem Gestank. Der Schmied erhielt das Gold und behielt sei­ne See­le. Die Gegend aber nann­te man von da an Vogelsberg.

Die Geschich­te wird noch in ande­rer Ver­si­on erzählt: Es war ein­mal ein Bau­er, nicht arm, nicht reich, der ver­kauf­te am Markt in der Kreis­stadt ein Schwein, um so ein paar Not­gro­schen für den eisi­gen Win­ter im Gebir­ge zurück­le­gen zu kön­nen. Mit Freun­den fei­er­te er sein Geschäft, und die wet­te­ten zu fort­ge­schrit­te­ner Stun­de mit ihm, dass er, um zu sei­nem Hof zu fin­den, den Abkür­zungs­weg durch den Wald nicht nut­zen wür­de. „Hol‘ mich der Teu­fel, mit­ten durch den Wald geh‘ ich“, mein­te er. Und dort traf er auch den Teu­fel dann auch, der ihn sofort holen wollte.

Da unse­rem Mann eine gewis­se Bau­ern­schläue eigen war, han­del­te er mit dem Teu­fel einen Ver­trag aus: Der sol­le ihn erst in drei Jah­ren holen, wenn sei­ne Kin­der groß wären, und der Böse zusätz­lich drei Auf­ga­ben lösen kön­ne. Der Teu­fel, sicher zu gewin­nen, sag­te zu.

Pünkt­lich im drit­ten Jahr kam der Böse­wicht vom Teu­fels­kopf her­über. Freu­dig erregt woll­te er die arme See­le holen, doch unser Bau­er leg­te ihm drei Locken­haa­re vor, die er gera­de schmie­den sol­le – Fehl­an­zei­ge! Dann zeig­te der Erden­mensch ein flach geschmie­de­tes Eisen und frag­te, was denn dar­aus wer­den wür­de. Was der Teu­fel auch ant­wor­te­te, es war immer falsch: sag­te er Schip­pe, so schlug der Bau­er das Eisen krumm, und es wur­de eine Hacke, sag­te er Hacke, so ließ er es flach und gera­de, und es war eine Schippe.

Anschlie­ßend sah der Teu­fel noch etwas Wun­der­ba­res und erkann­te nicht was. Der Bau­er hat­te sein Weib ent­klei­det, in Brot­teig gewälzt, in ein auf­ge­schnit­te­nes Feder­bett getaucht und es im Ober­wald auf eine uralte Eiche gesetzt. Er frag­te den Teu­fel nach dem Namen die­ses merk­wür­di­gen Vogels, doch der kann­te ihn nicht und fluch­te: Ver­damm­ter Vogel auf die­sem Berg und ver­schwand mit sagen­haf­tem Gestank.

Seit die­ser Zeit nennt man die Gegend in der das geschah: Vogels­berg! Oder hat man etwa nur einen ein­zel­nen Berg nach die­sem außer­or­dent­li­chen Ereig­nis benannt? Es könn­te sein, denn der Berg mit Namen Teu­fels­kopf liegt auch im Felda­ta­ler Gebiet. Bau­er oder Schmied jeden­falls, die klä­ren könn­ten, ob sie durch den Wald nach Köd­din­gen gehen woll­ten oder anders­wo hin, leben heu­te nicht mehr. Und der Vogel auf dem Baum auch nicht. Oder doch? Denn Vögel gibt es heu­te noch eine Unmen­ge in der Regi­on, sogar solch sel­te­ne Arten, die nicht jeder kennt.

Die Vol­karts­hai­ner am Süd­ost­ab­fall des Gebir­ges glau­ben an kei­ne der bei­den Ver­sio­nen. Sie mei­nen viel­mehr, ihre alten Edel­leu­te, die Volk­har­de, die das Dorf grün­de­ten, hät­ten auch dem Gebir­ge sei­nen Namen gege­ben: Erst Volk­hards­ber­ge, dann, durch unge­naue Über­lie­fe­rung münd­lich wei­ter­ge­ge­ben und 1236 erst­mals in einer Urkun­de fest­ge­hal­ten, Vogilsberg.

Ande­re behaup­ten sach­lich nüch­tern, alt- oder mit­tel­hoch­deut­sche Wort­stäm­me wie feld oder velt, sogar das alteng­li­sche fol­de, sei­en Ursprung des Namens gewe­sen. Im Dia­lekt sei dann dar­aus, in Anleh­nung an die vie­len Vögel im Gebir­ge, Vogels­berg gewor­den.

Doch was sol­len alle die­se nüch­ter­nen Erklä­run­gen: Die Geschich­ten mit dem Teu­fel, dem Schmied oder dem Bau­er und ihrem Vogels­ber­ger Weib auf dem Baum sind doch viel schö­ner.

(ask)